Das Schützenwesen unserer Stadt und der Pfarrei blickt auf eine mehrhundertjährige wechselvolle Geschichte zurück.
Viele Bürger wissen nicht, dass die Schützen, die in ihren althergebrachten Uniformen Jahr für Jahr unserem „Herrgott" bei den sakramentalen Prozessionen zu Christi-Himmelfahrt und Fronleichnam durch die Straßen das Ehrengeleit geben, schon auf eine über 440 jährige Geschichte zurückblicken. Die Schützen können für sich in Anspruch nehmen, nicht nur als ältester, sondern auch als erster Verein im Dorfleben zu gelten.
Ihre vornehmste Aufgabe war, wie ihr Name bekundet, durch kameradschaftliche Verbundenheit Schützer zu sein für Familie, Kirche und Dorf. Weitaus mehr als heute, war vor Jahrhunderten die gesamte tätigkeit der Schützen auf diese hohen Aufgaben ausgerichtet. Und viele vergilbte Urkunden, kurkölnische Edikte und alte Akten geben uns ein anschauliches Bild aus dieser Zeit.
Bis 1859 waren Bornheim und Brenig zu einer Pfarrgemeinde mit der Kirche zu Brenig und dem Pfarrhof an der Kalkstraße in Bornheim zusammengeschlossen. In beiden Orten, zum kurkölnischen Erblehen, der „Herrlichkeit Bornheim" gehörig, oblag den jeweiligen Burgherren zu Bornheim die Verwaltung und die Rechtsprechung in allen Angelegenheiten der Zivil- und Strafgerichtsbarkeit.
Und genau wie die Orte in kirchlicher und behördlicher Hinsicht zusammengeschlossen waren, war auch die Dorfgemeinschaft eng miteinander verschmolzen. Wir müssen deshalb das Schützenwesen beider Orte in diesem kurzen Geschichtsabriss als Einheit und zusammengehörig betrachten.
Erstmalig traten in Bornheim die Schützen in Erscheinung, als nach den Kriegszügen des 16. Jahrhunderts kleine und große Räuberbanden das Land durchzogen. Von ihnen war die Bande des Schenck von Niedeggen, die 1583 sogar Bonn ausplünderte, die Bekannteste. Nicht viel weniger berüchtigt war der Räuberhauptmann Rabenhaupt mit seinen niederländischen Freibeutern, der 1646 in unserem Heimatort Bornheim eine 600 Mann starke Reichstruppe vernichtend schlug und 150 Reichssöldner als Geisel nach Neuß führte.
In dieser Zeit erließ der Erzbischof und Kurfürst an seine männlichen Untertanen in den Dörfern den Befehl, sich zur Abwehr der kleinen Banden und versprengten Räubergruppen zusammenzuschließen. Diesen Männern, in seiner Gesetzessprache die „Schützen" genannt, übertrug er die Aufgabe, die Dörfer mit Landwehren zu befestigen, Wachen aufzustellen, Patrouillen abzuhalten und im Notfalle Dörfer und Familien zu verteidigen. Er stattete sie mit „Feuerbüchsen", Lanzen und Säbeln aus und verlieh ihnen grüne Kittel und rote Kugelmützen als Uniform. Auch Bornheim wurde damals befestigt. Es müssen sich also zu dieser Zeit viele Männer zu einer Schützenbruderschaft zusammengeschlossen haben. Den Beweis für die Bornheimer Ortsbefestigungen geben die Jahrhunderte alten Flurnamen „Der Gringel" und „Am Landgrave". Mit „Gringel" wurde ein Falltor auf der Königstraße am nördlichen Dorfausgang bezeichnet. Der „Landgraben" verlief von diesem Tor ab in östlicher Richtung, vermutlich bis zum Burgpark. Seine Lage beweist sein heutiger Flurname. An diesem Graben waren die Ufer durch Faschinen erhöht und durch Weißdorn, Brombeeren und Gestrüpp gesperrt. In die tiefe Sohle des Grabens waren Pfähle eingeschlagen, deren Enden man auch zugespitzt hatte. Vom nahen, von Brenig fließenden Mühlbach wurde der Graben mit Wasser gefüllt. Bei drohender Gefahr besetzten die Schützen „Gringel" und „Landgraben". Kleinen Banden konnte man durch diese Hindernisse Wiederstand leisten. Bei Angriffen großer Räuberscharen ließ sich das Dorf solange verteidigen, bis Frauen und Kinder mit der notwendigen Habe und dem Vieh in den Verstecken des ausgedehnten Vorgebirgswaldes Zuflucht gesucht hatten.
Als die freie Reichsstadt Köln vom 27. bis 29. Juli 1581 ein großes dreitägiges Schützenturnier auf dem Neumarkt abhielt, waren auch die Schützen von Brenig und Bornheim eingeladen. Der Gaffelhof der Kölner Schützengilde lag im Pfarrsprengel von St. Aposteln. Wahrscheinlich haben die Stiftsherren von St. Aposteln, die in Brenig den Plönerhof und in Bornheim den Apostelhof besaßen, diese Einladung an eine dörfliche Schützengilde veranlasst, da sonst zu den Turnieren nur Schützen berühmter Gilden anderer bedeutsamer Städte eingeladen wurden. Aus Bornheim und Brenig wurde je der beste Armbrustschütze nach Köln auf den Weg geschickt.
Und erfreulicherweise errang der Breniger Schütze Johann Bungartz mit seiner Armbrust bei 32 Schuss mit 24 Treffern den siebten Preis. Mit dieser ältesten urkundlichen Erwähnung in den Archiven des Stadtarchivs Köln ist ganz klar nachgewiesen, dass die Schützen unseres Heimatortes allerwenigstens auf eine 444 jährige Tradition mit Stolz zurückblicken dürfen. Weitere urkundliche Erwähnungen finden die Schützen in einem Kassenbuch des Rechners am Bornheimer Burghof aus den Jahren 1684 bis 1688 und in einem Buch der Bornheimer Gerechtsame von 1734.
In diesen uralten vergilbten Folianten ist aufgezeichnet, dass die Schützen den vielbesuchten Breniger Markt zu „Mittfasten" und am „ersten Septembersonntag" bewachten. Sie erhielten dafür zuerst Speise und Trank in einem Gasthaus und später einen Tagessold von 6 Mark. Mit den großen Umwälzungen der französischen Revolution gingen auch die zur kurkölnischen Zeit begründeten und zur Notzeit oftmals bewährten Einrichtungen der „Schützengilde" in unserer Heimat unter.
Im Jahre 1848, als in Berlin, Frankfurt, Bonn und in anderen Städten freiheitlich gesinnte Männer das morsch gewordene Staatsgebälk der absolutistischen Monarchien ins Wanken bringen wollten, versuchte zahlreicher, zu Banden und Gruppen zusammengeschlossener Pöbel plündernd und stehlend die Unordnung und Ohnmacht im Staate auszunutzen. Auf den Märkten in Köln und Bonn wurde den Bauern das Gemüse zertreten. Geschäfte wurden geplündert. Man zog freiweg hinaus zur Jagd und machte schon kleine Pfähle fertig, um Halfen und Adel den Besitz aufzuteilen. In diesen Notstunden schlossen sich in vielen Orten, so auch in Bornheim, wieder Männer zum gemeinsamen Schutz zusammen. Der preußische König gab diesen Verbindungen einen halbamtlichen Charakter, indem er sie als „Bürgerwehren" nach Militärischen Gesichtspunkten gliedern und ausbilden ließ.
Als sich nach Einkehr ruhiger Zeiten die „Bürgerwehren" wieder auflösten, hielten die Bornheimer die in ihrer Bürgerwehr erlebte kameradschaftliche Verbundenheit aufrecht und begründeten nachweislich des ersten Statuts am 25. August 185o die Bornheimer Schützengesellschaft. In ihren schönen schmucken Uniformen waren die Schützen schon bald sehr gern gesehen. ihr wiederbelebtes altes schönes Brauchtum blühte mächtig auf. Lange Jahre leitete Gottfried Geller die Schützengesellschaft, die damals 36 aktive Schützen zählte. Im Steuerempfänger Arnold Susen hatte die Gesellschaft einen gewandten, sehr eifrigen Schriftwart, bei dem insbesondere die Verbindung zur Behörde in erfahrenen Händen lag, denn oftmals musste der Verein über seine Tätigkeit Bericht erstatten.
Mit der Heeresvergrößerung in den 188oer Jahren, als die wehrfähigen jungen Männer fast ausnahmslos zum Militär ein-rückten, wurde den Bornheimer Schützen der Nachwuchs langsam entzogen. Neben ihrer vornehmsten Aufgabe, Schützer von Familie und Kirche zu sein, pflegten sie in Anlehnung an uraltes Brauchtum den Schießsport auf Hochständen mit schweren Büchsen. Vom Kasernenhof brachten die Reservisten aber nun die Belehrung mit, dass diese Schusswaffen für die Ausbildung im Schießsport militärisch vollkommen unbrauchbar seien. Nur in dem von Militär- und Kriegervereinen geübten Scharfschießen auf Flachbahnen mit vorgeschriebener Länge werde mit Karabinern mit Patronenmunition aus Metallhülsen der rechte Schießsportgeübt. Die Jugend wurde aufgerufen und angeregt, diesem neuen Vereinen beizutreten. Im Jahre 1890 war die Bornheimer Schützengesellschaft bis auf wenige Alte, von denen besonders die Seniorschützen Bernhard Dercum und Bartel Küpper zu nennen sind, zusammengeschrumpft.
Der Verein stellte seine Tätigkeit ein. Nur noch im kleinsten Kreise einer Stammtischkameradschaft hielten die wenigen Alten ihre Verbindung aufrecht. Die alte Vereinsfahne verstaubte auf dem Speicher des Fahnenträgers Christian Wallraf, um beim Abbruch des Hauses im Jahre 1925 nochmals entrollt und dann unbeachtet mit Bauschutt beseitigt zu werden. Damit waren aber in unserem Heimatort Tradition und Sitten der Schützenbruderschaften nicht ganz vergessen. Wiederholt regten die Alten an, die bei Dorffesten und im Jahresbrauchtum bewährte Schützengesellschaft wieder zu reger Tätigkeit zu entfalten. Die Zeitumstände, der erste Weltkrieg und die Nachkriegsjahre mit politischen Wirren und Inflation versagten diesen Mühen aber den Erfolg.
Nach Wiederkehr normaler Verhältnisse war es der Tatkraft der Männer aus Botzdorf vorbehalten, endlich „das Eis zu brechen" und mit der Gründung der heutigen Schützenbruderschaft im April 1925 an eine alte Dorftradition wieder anzuknüpfen.
In Anlehnung an die seit 1200 Jahren im rheinischen Frankenvolk blühende Hubertusverehrung dem Patron der Jäger und Schützen, der von 722-27 Bischof von Maastricht und Lüttich war, wählte man den HI. Hubertus als Schutzpatron der Bruderschaft. Sein Name in der amtlichen Bezeichnung der Schützen-Bruderschaft soll immer Symbol und Ansporn sein für christlichen Glauben, gute Sitten und für die rechte Pflege alter rheinischer Schützentraditionen einzutreten. Als ehrende Verpflichtung empfanden die Schützenbrüder, dass die junge aufblühende Schützenbruderschaft schon bald Aufnahme in die Erzbruderschaft vom HI. Sebastianus für das Erzbistum Köln fand, wodurch der jeweilige Bornheimer Pfarrer der Präses der Bruderschaft ist. In Treue und Eifer wirkten die Schützenbrüder, deren Zahl bald auf 25 gestiegen war, für den jungen Verein. Ihr Auftreten in den schmucken Uniformen, die dennoch an altes Herkommen erinnern, gab jetzt allen Dorffesten wieder eine schöne Note. Seitdem die Schützenbrüder wieder auftraten, sah man in ihnen die Repräsentanten ältesten Bornheimer Brauchtums. Sie halten den Hubertustag nach altem kirchlichen Brauch. Bei der althergebrachten Bornheimer Gottestracht zu Christi Himmelfahrt und der Fronleichnamsprozession, wenn das „Allerheiligste Sakrament" durch unsere Gemeinde vom Pfarrer getragen wird, geben sie in ihren Uniformen Gott die Ehre. So halten sie es auch bei jedem Fest der Bruderschaft.
Von Norbert Zerlett +